Auf dem diesjährigen „Gesundheitskongress des Westens beteiligte sich der Vorstandsvorsitzende der KV Nordrhein, Dr. med. Frank Bergmann, an einer Diskussionsrunde zum Thema „Praktizieren in Pandemie-Zeiten“. Aus Sicht der Niedergelassenen und der KV nahm er ausführlich Stellung und schilderte, wie sich die Corona-Pandemie auf den ambulanten Sektor ausgewirkt hat. Die größten Herausforderungen seien der Mangel an Schutzmaterial zu Beginn der Pandemie, die Patientensteuerung und die häufigen Änderungen der Teststrategien gewesen. „Für solche Situationen muss es einen klaren Krisenplan und eine bessere Koordination von Praxen, Notdienst und Krankenhausambulanzen sowie der medizinischen Pflegeheimversorgung geben“, forderte Bergmann.
In Zukunft besser vorbereitet
Auf vergleichbare Szenarien sei man künftig besser vorbereitet – dank besserer Strukturen mit Diagnosezentren und Behandlungszentren auf Abruf, besser funktionierenden Schnittstellen zu den Kommunen, einer besseren Versorgungslage mit Schutzausrüstung und Erfahrungen zu deren Beschaffung und Verteilung. „Um unsere Mitglieder, ihr Personal und die Patienten zu schützen, haben wir frühzeitig große Mengen an Schutzmaterial beschafft. Hilfe vom Staat kam erst sehr spät.“ Auch der Umgang mit Infizierten und Verdachtsfällen sei anspruchsvoll gewesen – Testzentren und Infektionssprechstunden haben die Patientensteuerung verbessert. Dass es beim Thema Testen viele Missverständnisse gab, lag auch daran, „dass der öffentliche Gesundheitsdienst seine Rolle im Kontext einer Pandemie mancherorts erst klären musste“, so Bergmann. An vielen Stellen sei es jedoch geglückt, kooperativ Anlaufstellen für Tests zu schaffen oder Hausbesuchsdienste zu organisieren. Zur Beantwortung von Patientenfragen sowie zur Steuerung möglicher Verdachtsfälle wurde die kostenlose Patienten-Hotline 11 6 11 7 personell aufgestockt und technisch so modifiziert, dass Anrufer schnell Antworten auf Fragen zum Coronavirus erhielten.
Mit all diesen Initiativen und Entscheidungen sei es gelungen, die ambulante Regelversorgung durchgehend aufrecht zu erhalten. „Unsere Zahlen für das erste Quartal zeigen, dass es einen moderaten Rückgang von Fallzahlen und Leistungsmenge gegeben hat, wozu die Trennung der Patientenströme, Abstands- und Hygieneregeln und Ansätze wie ,One patient per room‘ beigetragen haben.“ Der Rückgang fiel aber nicht so groß aus, wie befürchtet, was „belegt, dass die vertragsärztliche Versorgung insgesamt jederzeit sichergestellt war“, so Bergmann. Der Schutzschirm für die Praxen sei dennoch wichtig gewesen und habe Praxen am Leben gehalten. „Die Auswertung des zweiten Quartals wird uns weitere Erkenntnisse liefern. Wir gehen davon aus, dass die Rückgänge der Fallzahlen und damit die Umsatzverluste im Verlauf der Pandemie zugenommen haben.“
In diesem Zusammenhang erinnerte Bergmann daran, dass alle Akteure der Teststrategie in den Blick genommen werden müssen – und nicht nur, wie jetzt geschehen, der öffentliche Gesundheitsdienst und die Krankenhäuser. „Die Niedergelassenen und ihr Personal verdienen höchste Anerkennung für ihren Beitrag zur Eindämmung der Pandemie. Das muss sich auch in einer angemessenen Honorierung ihrer Arbeit niederschlagen. Wir mussten in schwierigen Verhandlungen mit den verschiedenen Kostenträgern Vergütungsvereinbarungen für die unterschiedlichen Testszenarien abschließen, um den Aufwand der Ärzte zumindest ansatzweise zu kompensieren und auch Anreize fürs Testen zu schaffen. Auch das gehört zu einer validen Teststrategie.“
Digitalisierung nur mit Mehrwert für Versorgung
Auch Technik und Digitalisierung hätten sich als hilfreich erwiesen: „Positiv wirkten vor allem der Zuwachs an Videosprechstunden, die Ausstellung der AU nach telefonischer Anamnese und mehr Telefonkonsultationen, die unnötige Praxisbesuche verringerten. Vor allem die Videosprechstunde habe ihr Nischendasein verlassen: Nutzten im Februar noch 960 Praxen in Nordrhein Videosprechstunden, so waren es im August über 4200.
Zur Digitalisierung nicht nur in Krisensituationen äußerte sich der KVNO-Chef eindeutig: „Wir Ärztinnen und Ärzte gehen gerne mit. Die Arbeit mit Praxisverwaltungssoftware und digitaler Dokumentation ist für uns Alltag. Bei zusätzlicher Technik etwa zur elektronischen Kommunikation über die Telematikinfrastruktur muss aber auch endlich ein Nutzen für die Praxen erkennbar werden – und eine Gegenfinanzierung etwa für Konnektor-Updates. Auch der Datenschutz liegt uns besonders am Herzen. Wenn Digitalisierung uns dabei hilft, unsere Patienten zu versorgen, werden wir die Technik auch anwenden“, sagte Bergmann.