In der ersten Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) in diesem Kalenderjahr hat der KBV-Vorstand heute in Berlin eine Zwischenbilanz zum Verlauf der Corona-Pandemie und der Rolle der niedergelassenen Vertragsärzte und -psychotherapeuten in der Krisenzeit gezogen. Frühzeitige Information, schnelle Quarantäne-Maßnahmen, schnelle umfangreiche Testungen und der Aufbau einer flächendeckenden Infrastruktur mit Testzentren, Behandlungseinrichtungen für COVID-Patienten und Hausbesuchsdienste – und eben die Strukturen der ambulanten Versorgung: Das sind für den KBV-Vorstandsvorsitzenden Dr. med. Andreas Gassen die wesentlichen Gründe gewesen, weshalb Deutschland beim Infektionsgeschehen und dessen Folgen deutlich besser abgeschnitten hat als viele andere Länder. „Patienten mit Symptomen wurden frühzeitig diagnostiziert und wo nötig behandelt; verschlechterte sich ihr Zustand, wurden sie geordnet ins Krankenhaus verlegt. Damit blieb den stationär tätigen Kollegen bei uns Zeit für ein abgestuftes Vorgehen. Wie schützens- und erhaltenswert unser System ist, sollte spätestens jetzt jedem klargeworden sein“, so Gassen.
Sechs von sieben COVID19-Patienten ambulant versorgt
Die Vertragsärzteschaft sei ein entscheidender Faktor in der bisherigen Krise gewesen: Selbst während der Hochphase der Pandemie seien 85 Prozent der betroffenen Patienten in den Praxen versorgt worden. „Der zentrale Teil der Gesundheitsversorgung in Deutschland findet ambulant statt – und nicht in Krankenhäusern“, so Gassen. Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte hätten den Kliniken den Rücken freigehalten. „Wir haben den Schutzwall gebildet, der unser Gesundheitswesen vor der Überlastung bewahrt hat.“ Nun sei aber die Rückkehr zur Regelversorgung in den Praxen das Gebot der Stunde. Die teils drastischen Rückgänge an Patienten, welche manche Facharztgruppen verzeichnen, seien alarmierend: „Ein verschleppter Herzinfarkt oder ein zu spät entdeckter Tumor sind in der Regel sehr viel folgenreicher als eine Corona-Infektion.“ Deutschland müsse wieder in den Normalbetrieb kommen.
KV-System nur am Katzentisch
Der Vorstandsvorsitzende der KV Nordrhein, Dr. med. Frank Bergmann, kritisierte, dass die „außerordentliche Leistung“ der Niedergelassenen in der politischen Diskussion nicht ausreichend gewürdigt werde. Die KVen hätten innerhalb kürzester Zeit Versorgungsstrukturen aufgebaut, um den stationären Sektor und den Öffentlichen Gesundheitsdienst effektiv zu entlasten. Vor diesem Hintergrund sei es unbegreiflich, dass dem KV-System bei der Verteilung von zehn Milliarden Euro im Rahmen des Konjunkturprogramms für den Gesundheitsbereich nur ein Platz „am Katzentisch“ zugewiesen werde.
Praxisinfo: Corona-Tests, Warn-App, Schutzmaterial, KBV-VV, ASV (PDF, 210 KB)