Das NRW-Gesundheitsministerium (MAGS) hat am Freitag die Kreise und kreisfreien Städte über das Verfahren zur Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht informiert. Beschäftigte u. a. in Arztpraxen, psychotherapeutischen Praxen, Einrichtungen für ambulantes Operieren und Dialyseeinrichtungen müssen bis zum 15. März den Nachweis über eine vollständige Immunisierung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 erbringen.
In einem entsprechenden Erlass weist das MAGS darauf hin, dass der Paragraf 20a des Infektionsschutzgesetzes (IfSG), der die Impfpflicht regelt, Personen sämtlicher Beschäftigungsformen erfasst, also neben Ärztinnen, Ärzten und MFA z. B. auch Auszubildende, Studierende, Praktikanten, ehrenamtlich Tätige, Zeitarbeitskräfte oder Beschäftigte mit Werkvertrag. Die Art der Beschäftigung ist ohne Bedeutung. Auch Hausmeister und Reinigungspersonal, das in den Praxen regelmäßig tätig ist, gehören dazu. Eine ausführliche Übersicht zu den betroffenen Tätigkeitsbereichen und weitere Fragen und Antworten zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht finden Sie hier:
Handreichung zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht
Nachweispflichten für Beschäftigte und Arbeitgeber
Personen, die in einer Praxis beschäftigt sind, müssen dem Arbeitgeber – in der Regel dem oder den Praxisinhabern – bis zum Ablauf des 15. März 2022 einen Nachweis darüber vorlegen, dass sie
a) vollständig geimpft sind (Informationen zum „vollständigen Impfschutz“ in Abhängigkeit vom jeweiligen Impfstoff gibt es beim Paul-Ehrlich-Institut)
oder
b) genesen sind (Informationen zu den Vorgaben, die ein Genesenennachweis erfüllen muss, gibt es beim Robert Koch-Institut). Hinweis: Die Geltungsdauer des Genesenenstatus ist derzeit bei Ungeimpften auf 90 Tage begrenzt. Spätestens ein Monat nach Ablauf der Gültigkeit muss gegenüber dem Arbeitgeber ein neuer Immunitätsnachweis vorgelegt werden.
Befreiung von der Impfpflicht
Die Verpflichtung zum Nachweis einer entsprechenden Immunität besteht nicht, wenn die nachweispflichtige Person aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden kann. Das muss aber durch ein ärztliches Zeugnis bestätigt werden – ebenfalls bis zum 15. März. Das MAGS weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das RKI nur sehr wenige Kontraindikationen, wie etwa bestimmte Allergien gegen den Wirkstoff und Bestandteile der Impfstoffe, definiert. Die medizinischen Gründe müssen glaubhaft und nachvollziehbar dargestellt sein. Allgemeine und hinnehmbare Beeinträchtigungen reichen nicht aus.
Was muss die Praxisleitung nun unternehmen?
Arbeitgeber, also in der Regel die Praxisinhaber, müssen Beschäftigte ab 16. März 2022 unverzüglich melden, wenn diese bis dahin keinen Immunitätsnachweis erbracht haben. Das MAGS räumt allerdings eine Frist bis zum 31. März 2022 ein. Auch wenn Zweifel an der Echtheit oder Richtigkeit eines vorgelegten Nachweises bestehen, muss dies gemeldet werden.
Die Meldung selbst erfolgt als Mitteilung der personenbezogenen Daten (Name, Vorname, Geschlecht, Geburtsdatum, Anschrift oder gewöhnlicher Aufenthaltsort, Telefonnummer und – wenn verfügbar – E-Mail-Adresse). Sie ist an das Gesundheitsamt zu richten, in dessen Zuständigkeitsbereich sich die Praxis befindet. Zur konkreten Art und Weise der Meldung will das MAGS in einem weiteren Erlass informieren.
Wie geht es danach weiter?
Auf Basis der übermittelten personenbezogenen Daten wird das Gesundheitsamt „innerhalb einer angemessenen Frist“ (MAGS) die verpflichtenden Immunitätsnachweise bei den betroffenen Personen schriftlich anfordern. Kommt eine Person dieser Aufforderung nicht fristgerecht nach, kann das Gesundheitsamt ihr untersagen, die Räumlichkeiten der Einrichtung zu betreten bzw. dort weiter tätig zu werden. Eine entsprechende Untersagungsverfügung gilt längstens bis zum 31. Dezember 2022.
Vor dem Erlass einer entsprechenden Untersagungsverfügung müssen die Betroffenen allerdings zunächst angehört werden. Dafür sind laut MAGS die Leitungspersonen der Einrichtung hinzuzuziehen.
Die Entscheidung über ein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot trifft das Gesundheitsamt. Es hat dafür einen Ermessensspielraum. Das MAGS hat angeordnet, dass die Umstände des einzelnen Falls zu ermitteln und in die Abwägung einzubeziehen sind. So kann zum Beispiel von einer Untersagung abgesehen werden, wenn
- die betroffene Person für die Einrichtung eine besonders bedeutsame Funktion innehat und sie nicht ohne Weiteres kurzzeitig oder dauerhaft vertreten oder ersetzt werden kann
- bei mehreren betroffenen Personen in einer Einrichtung die Personalausstattung so weit sinkt, dass die Versorgung gefährdet ist.
Auch die Art der nachgewiesenen Immunität und die Art der Tätigkeit sollen in die Gesamtbeurteilung eines Falles einfließen. Bundesgesundheitsminister Lauterbach hatte zum Beispiel darauf hingewiesen, dass eine einmalige Impfung oder ein nahe bevorstehender Impftermin als entlastende Momente in einer Ermessensentscheidung berücksichtigt werden könnten.
Bestehen Anhaltspunkte für eine strafrechtlich relevante Handlung, kann das Gesundheitsamt auch die zuständige Strafverfolgungsbehörde hinzuziehen. Im Falle von Zweifeln an der Echtheit oder Richtigkeit des vorgelegten ärztlichen Zeugnisses, kann das Gesundheitsamt eine ärztliche Untersuchung darüber anordnen, ob eine medizinische Kontraindikation gegen die Impfung vorliegt. Diese Untersuchungen sollen durch Mediziner erfolgen, die gegenüber der Ärztekammer ihre Bereitschaft zur Durchführung dieser Leistung erklärt haben. Die Vergütung erfolgt über das Land NRW.
Neu- oder Wiederbeschäftigte
Personen, die ab dem 16. März 2022 in der Praxis bzw. Einrichtung neu oder wieder tätig werden sollen (z. B. nach Mutterschutz, Elternzeit, Pflegezeit oder längerer Krankschreibung), haben der jeweiligen Leitung vor Beginn ihrer Tätigkeit die entsprechenden Immunitätsnachweise vorzulegen. Wird ein hinsichtlich der Echtheit und/oder inhaltlichen Richtigkeit zweifelhafter Nachweis vorgelegt, ist unverzüglich das Gesundheitsamt zu benachrichtigen. Wird kein Nachweis vorgelegt, darf die betroffene Person nicht beschäftigt werden. Ein Verstoß gegen diese Vorgabe seitens der Leitung der Praxis erfüllt den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit.
Es bleibt festzuhalten: Wird eine vollständige Impfung nachgewiesen oder ein anderer Nachweis im Sinne des § 20a Abs. 2 IfSG erbracht und bestehen auch im Weiteren keine Zweifel an der Echtheit oder an der Richtigkeit des vorgelegten Nachweises, besteht kein Anlass für die Praxisleitung, weitere Maßnahmen zu ergreifen – außer die Geltungsdauer des vorgelegten Genesenennachweises im Blick zu behalten, denn die Praxisleitung muss die Kontrolle der Nachweise sicherstellen.
Auch nach der eventuellen Übermittlung personenbezogener Daten an das Gesundheitsamt muss die Praxisleitung zunächst nichts weiter unternehmen. Es folgt daraus nicht automatisch ein Beschäftigungs- oder Betretungsverbot. Die nächsten Schritte unternimmt allein die Gesundheitsbehörde. Das bedeutet also, dass gemeldete Beschäftigte bis zur weiteren Veranlassung durch das Gesundheitsamt auch weiterhin in der Praxis tätig sein dürfen – ausgenommen neue Mitarbeitende oder Wiedereinsteiger ab 16. März, wenn sie die vorgeschriebenen Nachweise nicht vorlegen können oder wollen.
Unabhängig von diesem Verfahren sind etwaige arbeitsrechtliche Konsequenzen, etwa auf Grundlage der Fürsorgepflicht gegenüber den anderen Beschäftigten und den zu versorgenden Patienten. Ob, und wenn ja, welche Konsequenzen hier im Einzelfall zu treffen sind – zum Beispiel Abmahnung, Versetzung, Kündigung – müssen die Arbeitgeber in eigener Verantwortung entscheiden.
Wichtige Fristen im Überblick
Der MAGS-Erlass vom 18. Februar nennt rund um die einrichtungsbezogene Impfpflicht folgende Fristen:
- 15. März: Bis Ablauf dieses Datums müssen Beschäftigte gegenüber ihrem Arbeitgeber einen Immunitätsnachweis oder den Nachweis einer medizinischen Kontraindikation vorlegen.
- 16. März: Personen, die an diesem Tag ihre Tätigkeit aufnehmen wollen, müssen vollständig geimpft oder genesen sein oder einen Nachweis darüber führen können, dass sie nicht geimpft werden können. Wer darüber keinen Nachweis erbringt, darf nicht beschäftigt werden.
- 31. März: Bis zu diesem Datum müssen die Praxisleitungen personenbezogene Daten über jene Beschäftigten an das zuständige Gesundheitsamt übermitteln, die der Aufforderung zum Immunitäts- oder Kontraindikationsnachweis bis 15. März nicht nachgekommen sind bzw. falls Zweifel an der Richtigkeit oder Echtheit der eingereichten Nachweise bestehen.
- 15. Juni: Frist für die Gesundheitsbehörden zum Abschluss der Maßnahmen, die eine Entscheidung über ein Betretungs-/Beschäftigungsverbot vorbereiten sollen – also zum Beispiel die Anforderung von Nachweisen oder die Anordnung und Durchführung von ärztlichen Untersuchungen.
- 16. Juni: Spätestens ab diesem Datum müssen die Gesundheitsbehörden eventuelle Verwaltungsverfahren mit dem Ziel des Erlasses von Untersagungsverfügungen einleiten.
- 31. Dezember 2022: Im Falle eines ergangenen Betretungs- oder Beschäftigungsverbotes endet dieses spätestens an diesem Tag.
KVNO Praxisinfo | Thema: Erste Informationen zur Umsetzung der Impfpflicht ab 16. März